Die Zukunft der Erdzeitalter: Eine Kontroverse um das Anthropozän
Die Debatte um das Anthropozän
Das Holozän, die geologische Epoche, die vor etwa 12.000 Jahren ihren Anfang nahm, könnte bald Konkurrenz bekommen. Einige Wissenschaftler fordern die Anerkennung eines neuen Zeitalters: des Anthropozäns, geprägt durch den Menschen. Doch diese Idee stößt nicht überall auf Zustimmung.
Stimmen gegen ein neues Erdzeitalter
In einer kürzlichen Entscheidung der International Union of Geological Sciences (IUGS) wurde der Vorschlag, das Anthropozän offiziell zu deklarieren, mehrheitlich abgelehnt. Zwölf von 22 Mitgliedern stimmten gegen das neue Zeitalter, während vier dafür waren, zwei enthielten sich, und vier gaben keine Stimme ab.
Paul Crutzen und die Ursprünge der Anthropozän-Idee
Der Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen prägte bereits 2002 den Begriff Anthropozän, indem er argumentierte, dass der Einfluss des Menschen auf die Erde stark genug sei, um ein neues Zeitalter zu definieren. In seinem Konzept bezog er sich auf das Jahr 1784, das Jahr der Erfindung der Dampfmaschine und eines bemerkbaren Anstiegs der Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre.
Das Fundament des Anthropozäns
Die Argumentation für ein Anthropozän basiert auf dem ökologischen Fußabdruck der Menschheit: vom massiven Artensterben bis hin zu radioaktiven Rückständen von Atombombentests. Diese und andere Spuren könnten in der Zukunft als geologische Marker für das Zeitalter des Menschen dienen.
Eine Suche nach dem ‚Goldenen Nagel‘
Die Anthropocene Working Group (AWG) hat weltweit verschiedene Orte unter die Lupe genommen, darunter Korallenriffe und arktisches Eis. Im kanadischen Crawford-See fand man schließlich jährlich abgelagerte Sedimente, die das Wandelgeschehen auf der Erde dokumentieren könnten – ein potenzieller Ausgangspunkt für das Anthropozän.
Klimawandel als Zeichen des Anthropozäns
Ein weiteres Argument für das Anthropozän ist der Klimawandel. Durch diesen werden in zukünftigen Geologien Fossilien und Sedimente klare Hinweise auf eine Verschiebung von Klimazonen und Küstenlinien geben. Derzeit wird bereits erforscht, wie Klimaveränderungen aus der Vergangenheit durch solche geologischen Ablagerungen rekonstruiert werden können.
Ein Zeitalter des rasanten Wandels
Für viele Experten ist die Geschwindigkeit des heutigen Wandels beispiellos. Während geologische Prozesse üblicherweise Jahrtausende oder Jahrmillionen andauerten, vollziehen sich die aktuellen Umwälzungen innerhalb von Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Sie könnten vergleichbar sein mit dem großen Asteroideneinschlag, der einst ein neues Zeitalter einläutete.
Reaktionen auf die IUGS-Entscheidung
Michael Mann, ein renommierter Klimaforscher, äußerte sich hierzu: „Ich glaube, das ist eher ein Sturm im Wasserglas. Die Wissenschaft wird den Begriff ‚Anthropozän‘ weiterhin nutzen, unabhängig von der Entscheidung dieses Gremiums.“
Ein unentschiedenes Kapitel in der Erdgeschichte
Die Diskussion um das Anthropozän ist sowohl eine geowissenschaftliche als auch eine philosophische Frage. Sie betrifft nicht nur unsere Sicht auf die Vergangenheit, sondern wirft auch ein Licht auf das Vermächtnis der Menschheit für zukünftige Generationen. Fest steht: Der Einfluss des Menschen ist geologisch nachweisbar. Aber ist er stark genug, um eine neue Epoche zu definieren? Diese Frage bleibt, zumindest vorerst, unbeantwortet.