Deutschland tritt in eine neue Ära als verlässlicher Freund und Führer in Europa ein, eine Rolle, die durch die aktuelle politische Landschaft geprägt wird.
Die Kuriositäten der Wendezeiten haben dazu geführt, dass Deutschland nun – eher untypisch für das eigene Selbstverständnis – in eine neue Rolle schlüpft. In Zeiten, in denen die deutsche Zurückhaltung in Fragen der Militärmacht besonders kritisch betrachtet wird, entsteht eine neuartige Erwartungshaltung an die Bundesrepublik. Einst als militärisch zurückhaltend wahrgenommen, sieht sich Deutschland mit dem Wunsch konfrontiert, eine Führungsrolle innerhalb Europas zu übernehmen.
Trotz des neuen Anspruchs an internationalem Engagement bleibt die Bundesrepublik eine Nation ohne atomare Bewaffnung. Beobachter stellen fest, dass es gerade diese Tatsache ist, die Deutschland als verlässlichen Partner auf der internationalen Bühne erscheinen lässt.
Eine solche Entwicklung hat durchaus ihre Dynamik und bietet Chancen, die deutsche Außenpolitik neuzugestalten – weg vom Bild des zögerlichen Mittlers, hin zu einem aktiv gestaltenden Akteur in einer sich rasant wandelnden Welt. Doch mit neuen Rollen kommen auch neue Verantwortlichkeiten und Deutschland wird auch lernen müssen, dieser Erwartung gerecht zu werden.
Vertrauen und Rückhalt sind die Schlüsselbegriffe, die in diesem Zusammenhang immer wieder fallen. Deutschland genießt aktuell das Vertrauen, als stabiler Anker innerhalb der Europäischen Union die Interessen der Gemeinschaft verlässlich nach außen zu tragen.
Darüber hinaus erfordert die Übernahme einer Führungsrolle auch ein hohes Maß an diplomatischem Geschick und die Fähigkeit, konsensorientiert zu arbeiten. Denn trotz des Anspruchs einer Führungsnation, erwartet die internationale Gemeinschaft von Deutschland eine Vermittlungsrolle, die im Konsens der Mitgliedsstaaten gut verankert ist.
Es gehört zu den Kuriositäten dieser Wendezeiten, dass man jetzt ausgerechnet den Deutschen, die keine Atommacht sind, eine Führungsrolle zutraut.
Als Fazit bleibt also festzuhalten, dass sich Deutschland in einer historisch einmaligen Situation befindet. Ein Land, das aus seiner Geschichte eine tiefe Vorsicht gegenüber militärischer Kraft geschöpft hat, wird nun – paradoxerweise – gerade deshalb als Hoffnungsträger und Leitfigur im internationalen Konzert betrachtet. Eines ist sicher: Die Welt blickt gespannt auf das Agieren der Bundesrepublik in diesem neuen Kapitel der internationalen Diplomatie.
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